Wir sind Warawul, eine neue Kaffeerösterei in Berlin. Wir wollen eine echte Partnerschaft mit den Kaffeeerzeuger*innen anstreben. Mit unserem Co-Branding wollen wir echte Transparenz in die Welt des Kaffees bringen. Erfahre hier mehr darüber, warum wir Warawul gegründet haben.
Echt, noch eine Kaffeerösterei? Ja, und das obwohl Berlin bereits mit Röstereien gesättigt ist und eine Firma zu gründen kein Zuckerschlecken ist, wie alle bestätigen können, die schon einmal diesen Hürdenlauf der Bürokratie hinter sich gebracht haben.
Auf Reisen habe ich eine Leidenschaft für Kaffees entwickelt. Ob in Bangkok oder Los Angeles, Anabel und ich schlürften leidenschaftlich gerne Pour-Overs in hippen Cafés. Als wir vor vier Jahren nach Berlin zurückkamen, waren wir deshalb schwer begeistert, auch hier eine aufblühende Specialty Coffee Szene zu sehen. Doch die Freude wich schnell einem Unbehagen, denn für uns gibt es einen ziemlich großen blinden Fleck in dieser neuen Welt des Spezialitätenkaffees.
Spezialitätenkaffee verkörpert die Idee, dass durch sorgfältige Arbeit in allen Phasen der Kaffee-Wertschöpfungskette die vormals schnöde Tasse Kaffee, die erst durch einer ordentlichen Portion Zucker genießbar wurde, zu einem köstlichen, täglichen Abenteuer für unsere Geschmacksnerven werden kann.
Das ist möglich, weil Erzeuger*innen durch extreme Sorgfalt Kaffee anbauen, die Früchte in ihrem perfekten Reifestadium ernten und durch Innovation und aufwändigen Prozessen die Samen der Kaffeefrüchte verarbeiten. Nur durch diese arbeitsaufwendigen Schritte ist es möglich, Kaffee in hoher Qualität zu produzieren.
Doch warum ist für uns Kaffeetrinker oft die Arbeit der Menschen, die diese außergewöhnlichen Kaffees produzieren, unsichtbar? Oftmals wird der Name der Erzeuger*in auf dem Etikett der stylischen Verpackungen lediglich zu einer Fußnote degradiert.
Viele in der Specialty Coffee Szene sprechen gerne von Transparenz, die Spezialitätenkaffee gegenüber industriell gerösteten Kaffee hat. Man soll nachvollziehen können, woher der Kaffee kommt. Aber wenn Spezialitätenkaffee tatsächlich “besser” und “transparenter” ist als die anonymen Mischungen aus industriellen Röstereien, fühlt es sich für uns seltsam an, die Erzeuger*innen und Kaffeebauern nur am Rande zu erwähnen.
Manchmal scheint es, als würden manche Röster nur ihre Logos auf den von den Kaffeebauern produzierten Kaffee klatschen und ihn so als eigene Schöpfung kennzeichnen, ohne deren Arbeit und Handwerk ausreichend zu würdigen.
Noch schlimmer ist, dass manchmal Fotos von Kaffeebauern auf Websites und Instagram-Accounts verwendet werden, ohne eine persönliche Verbindung zu den Menschen zu haben, ohne den Kontext zu kennen, in dem die Fotos aufgenommen wurden, und ohne eine ausdrückliche Zustimmung für deren Verwendung als Werbematerial zu haben.
Vor einem Jahr beschlossen mein Bruder u, uns kopfüber in die Specialty Coffee Szene zu stürzen. Wir fuhren kurzerhand zusammen zur World of Coffee in Mailand. Die World of Coffee war überwältigend. Hier versammeln sich jedes Jahr hunderte von Röster*innen, Baristas, Produzent*innen und Hersteller*innen von Kaffeemaschinen.
Ein Gespräch mit einem Röster blieb mir dabei besonders im Gedächtnis. Er kannte die Produzent*innen seines Spezialitätenkaffees gar nicht. Stattdessen kennzeichnete er seinen nach dem Herkunftsland. Obwohl dieser Ansatz natürlich völlig in Ordnung ist, fehlt mir hier als Käufer von teuren Spezialitätenkaffee die Transparenz.
Ich persönlich möchte wissen, wie der Kaffee hergestellt wurde und was ihn von herkömmlichem Kaffee aus dem Supermarkt unterscheidet. Ich möchte wissen, welche Ideen die Produzent*innen dazu bewegt haben, bestimmte Verarbeitungsmethoden zu wählen.
Ich möchte auch wissen, dass die Produzent*innen einen entsprechenden Anteil an dem hohen Preis bekommen, den ich für den Kaffee bezahlt habe. Ich möchte mir sicher sein, dass der Preis meines Genusses nicht die Ausbeutung der Produzent*innen ist.
Wenn wir nur das existierende System replizieren, das auf einem anonymen Handel von austauschbaren Kaffeebohnen basiert, sehe ich keinen Mehrwert in Spezialitätenkaffee.
Nach meiner Rückkehr von der World of Coffee war mein Kopf voller Ideen. Zwei einflussreiche Stimmen halfen mir, meine Gedanken zu ordnen. Zuerst begann ich, Lucia Solis' Podcast "Making Coffee" zu hören, der eine wahre Inspiration war und noch immer ist. In ihrem Podcast teilt Lucia nicht nur ihr Expertinnenwissen über die Techniken der Kaffeeverarbeitung, sondern häufig auch ihre Einsichten zur Kaffeeindustrie.
Eines der wiederkehrenden Themen ist der Vergleich zwischen Wein- und Kaffeeproduzenten. Als ehemalige Winzerin war Lucia über den deutlichen Unterschied zwischen der Anerkennung, die Weinproduzent*innen erhalten und der Unsichtbarkeit von Kaffeebauern überrascht.
Diese Diskrepanz hat auch wirtschaftliche Auswirkungen. Wenn Produzent*innen lediglich austauschbare Namen auf Etiketten sind, können sie keine Preise setzen, die die Qualität ihrer Arbeit widerspiegeln.
Wie in Karl Wienholds Buch “Cheap Coffee” dargelegt, ist das System hinter dem weltweiten Kaffeehandel darauf ausgelegt, Rohkaffee als austauschbares Massenprodukt zu behandeln. Denn: Auf der Börse in New York wird ein einziger Kaffeepreis für alle Arabicas ausgemacht. Es wird zwar mit Zuschlägen und Abzügen gearbeitet, je nach Herkunftsland, aber dennoch orientiert sich alles an einem einzigen Preis.
Die Konsequenz ist, dass nur die Produktionskosten ausschlaggebend sind für den Preis, den Kaffeeproduzent*innen erzielen können, nicht die Qualität. Das heißt, die Produzent*innen mit den geringsten Produktionskosten setzen den Preis, denn sie können ihre Konkurrenz immer unterbieten. In der Folge erzeugt der Kaffeeanbau bei den meisten Produzent*innen kaum nachhaltigen Wohlstand.
Auch deshalb wird “teurerer” Kaffee wohl oft als Wohltätigkeitsaktion zur Verbesserung des Lebens der Produzent*innen vermarktet. Das ist gut gemeint, aber eigentlich perfide. Statt Wohltätigkeit sollten die Produzent*innen das bekommen, was sie mit ihrer Arbeit wirklich verdienen. Wir können nicht auf der einen Seite billigen Kaffee wollen und uns dann toll fühlen, wenn die Rösterei uns verspricht, dass ein paar Cent vom Einkaufspreis auch den Menschen zugute kommen, die vom System Kaffeehandel in Armut gehalten werden.
Das Stichwort Fairtrade fühlt sich gut an (auch wenn die Realität anders ist). Aber kannst du dir vorstellen, ein paar Euro zum Preis deines Bordeaux oder Chianti hinzuzufügen, um den bedürftigen Winzer*innen zu unterstützen? Das klingt irgendwie absurd und nimmt den Produzent*innen auch die Würde.
Wir glauben, dass Spezialitätenkaffee dieses alte, ausbeuterische System überwinden kann. Spezialitätenkaffee gibt der Qualität des Kaffees einen eigenen Wert, indem Kaffee nach dem Geschmack bewertet wird. Das ist jedoch nur ein Teil des Puzzles.
Wir wollen erreichen, dass die Menschen hinter der Kaffeeherstellung gewürdigt werden. Für uns ist die akribische Arbeit der Produzent*innen der wichtigste Faktor bei der Herstellung von Qualitätskaffe. Diese Anerkennung muss sich für die Produzent*innen finanziell bemerkbar machen. Und sie muss auch gegenüber den Endverbrauchern sichtbar gemacht werden.
Deshalb haben wir Warawul gegründet. Wir möchten den Schleier über der Kaffee-Wertschöpfungskette lüften.
Wir führen eine echte Partnerschaft mit den Produzent*innen. Dazu machen wir Co-branding für Kaffees, die wir verkaufen. Dieser Ansatz bietet Produzent*innen nicht nur eine Plattform, um ihre eigene Marken sichtbar zu machen, sondern ermöglicht es neugierigen Kaffeetrinkern auch, von den Produzent*innen selbst etwas über den Anbau des Kaffees zu erfahren.
Außerdem heißt Co-branding für uns auch, dass wir alles was wir über den Kaffee sagen und die Bilder und Inhalte, die wir auf unserer Webseite oder Social Media verwenden, immer mit den Produzent*innen abgesprochen sind. Außerdem kompensieren wir deren Nutzung auch finanziell.
Für uns ist diese Partnerschaft die Zukunft von Specialty Coffee. Ob wir in diesem Bestreben erfolgreich sind, bleibt abzuwarten, aber wir glauben, dass es einen Versuch wert ist. Gemeinsam streben wir danach, eine bessere Spezialitätenkaffee-Industrie zu schaffen und allen, die unsere Kaffees genießen, ein freudiges und ungetrübtes Erlebnis zu bieten.